Als Werksleiter der GEBHARDT Intralogistics Group ist David Schneider für die ergebnisorientierte Planung für reibungslose und sichere Produktionsprozesse verantwortlich. In der neuen Ausgabe „Vier Fragen an …“ erklärt er, wie er die Verantwortung für Einsatzpläne, Materialbedarf und auch wirtschaftliche Prozesse meistert.
Bei Dir laufen alle Fäden rund um die Produktion zusammen, wie koordinierst Du die produktionstechnischen Prozesse, damit diese wirtschaftlich und effizient laufen?
Schneider: Da gibt es verschiedene Ansätze, von denen ich zwei kurz erwähnen möchte. Zum einen haben wir neben unserem ERP-System, über welches das Materialmanagement läuft, speziell für die Planung der Produktion ein separates sogenanntes APS-System (Advanced Planning and Scheduling). Wir haben eine relativ hohe Fertigungstiefe und damit neben der reinen Montage auch die komplette Blechfertigung sowie teilweise spanende Bearbeitung im Haus. Unser Tool hilft uns dabei, nach gewissen Regeln unter Berücksichtigung von finiten Kapazitäten die richtige Reihenfolge und Termine für einzelne Fertigungsaufträge festzulegen. Das ist de facto eine riesige Herausforderung, da wir je nach gewünschten Produkten wandernde Engpässe haben und auch Personalkapazitäten dementsprechend verschieben müssen. Noch dazu verändern wir zusammen mit unseren Kollegen aus Disposition und Einkauf je nach Auslastungslage die Zukaufquote. Der große Vorteil ist, dass wir extrem flexibel sind, ohne uns zu hohe fixe Kapazitäten vorzuhalten. Damit können wir teilweise Projekte zu sehr sportlichen Lieferzeiten realisieren. Zum anderen gibt es immer noch die klassische Kommunikation integriert in das tägliche, insbesondere in der Produktion bekannte, Shopfloormanagement. Gerade in unserem Bereich ist Kommunikation und der damit verbundene schnelle Informationsfluss wichtig. Unsere Projekte enden nicht mit dem Versand aus dem Werk, sodass im Nachhinein immer wieder kurzfristig Material für Anpassungen und Änderungen beim Kunden vor Ort produziert werden muss. Zudem sind die Lieferzeiten und -ketten im letzten Jahr derart anfällig geworden, dass immer wieder Themen innerhalb der Produktion oder zwischen Produktion und Einkauf oder Außenmontage kurzfristig geklärt werden müssen.
Technischer Fortschritt und der gesellschaftliche Wandel stellen die Produktion im speziellen und in unserer Branche vor Herausforderungen. Durch die Erfahrung in der Automobilbranche hast Du auch einen Vergleich. Wie meisterst Du die Lösung solcher Schwierigkeiten kurz- und langfristig?
Schneider: Zunächst muss man festhalten, dass die Anforderungen an unsere Produktion deutlich höher sind als bei einem Automobilhersteller. Wir haben nicht die Chance, unsere Kapazitäten mit der Lieferzeit zu glätten. In unserem Projektgeschäft mit vielen angrenzenden Gewerken ist das schlicht unmöglich, was zu massiven Kapazitätsbedarfsschwankungen führt. Weiterhin machen wir, getreu unserem Motto, natürlich alles möglich, was der Kunde wünscht. Trotz Standardisierung von Produkten führt dies immer wieder zu komplett individuellen Lösungen, die zum einen sehr schwierig planbar sind und zum anderen die Standardisierung von Produktionsprozessen erschwert.
Der technische Fortschritt ermöglicht es uns, immer mehr digitale Unterstützung einzusetzen. Durch diese Unterstützung kann und muss in den nächsten Jahren die Transparenz der gesamten Produktion deutlich erhöht werden. Hier können wir sicher von der Automobilindustrie lernen, die hier schon viel weiter ist. Diese Transparenz hilft uns in einem sehr agilen und schwer exakt planbaren Produktionsumfeld, zum einen kurzfristige Entscheidungen zu treffen und zum anderen auch besser Auswirkungen von Entscheidungen messen zu können. Mittelfristig ist es auch wichtig, weniger auf die Optimierung von Prozessen in einzelnen Abteilungen zu setzen, sondern mit den heute technischen Möglichkeiten viel mehr die gesamte Lieferkette (Supply Chain) besser abzustimmen und auch unsere Lieferanten und evtl. sogar Kunden zu integrieren. Auch hier können wir von der Automobilindustrie lernen.
Wenn mit gesellschaftlichem Wandel der oft damit verbundene Fachkräftemangel zu verstehen ist, sehe ich weniger Probleme als viele andere. Am Ende müssen wir uns als Unternehmen kontinuierlich den Anforderungen neuer Generationen anpassen und kreative Lösungen finden, um uns auch gegen vermeintlich große Konkurrenten zu behaupten. Es hilft uns sicher nicht, zu jammern, dass früher alles besser war. Grundsätzlich ist es mir persönlich sehr wichtig, dass Mitarbeitern im Rahmen ihrer Aufgaben möglichst umfangreiche Freiheiten zum eigenverantwortlichen Handeln geschaffen werden.
Wie können wir uns Deiner Meinung die Produktion der Zukunft vorstellen? Wo willst und wirst Du als Werksleiter von GEBHARDT Innovationen implementieren, welche die tagtägliche Arbeit verändern werden?
Schneider: Die Produktion der Zukunft wird zunehmend digitaler und automatisierter sein. Gerade im Bereich Logistik, in dem wir ja auch selbst tätig sind, wird die Automatisierung in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Hier werden wir in der Produktionsversorgung immer weiter unsere eigenen Produkte implementieren, wie z.B. automatisierte Lager und FTS. Sicher werden auch die Bereiche Fertigung und Montage weniger manuell gestaltet. Hier sehe ich jedoch aufgrund unseres individuellen Projektgeschäfts eher einen verzögerten Wandel. Grundsätzlich muss auch kein Mitarbeiter vor dieser generellen Entwicklung Angst haben. In meinen Augen wird die Tätigkeit eher interessanter, anspruchsvoller und abwechslungsreicher. Automatisierung lässt sich am einfachsten bei langweiligen 0815-Tätigkeiten umsetzen und diese Tätigkeiten werden somit auch als Erstes ersetzt. Um noch mal konkret auf die nahe Zukunft unserer Produktion zurückzukommen: Hier liegt der Fokus in den nächsten zwei Jahren auf dem Wandel hin zu einer digital transparenten und papierlosen Fabrik.
Koordinator, Planer, Ideengeber und Lösungsfinder – was macht Deinen Beruf so interessant?
Schneider: Wir haben ein super Team aus jungen und erfahrenen Kollegen, mit denen ich jeden Tag sehr gerne zusammenarbeite. Am interessantesten finde ich, dass mein Bereich viel zu umfangreich ist, um mit täglichen operativen Entscheidungen einen sinnvollen Einfluss auf Ergebnisse zu nehmen. Viel spannender ist der Gedanke, sich mit der Zukunft der Produktion und dem System dahinter auseinanderzusetzen, um Lösungen zu finden, wie die Produktion ohne mich am besten funktionieren kann. Das fasziniert mich.